Aus der Jugendzeit, oder Erinnerungen an
„Schweden Hoff“
Heute bezeichnet man Höfe auf Steinen mit plattdeutschen Namen.
Unsere Kindheit war geprägt von einer Hofstelle besonderer Art. Wo früher Papes Friseursalonschild stand, müsste heute eigentlich stehen:
„Schwedens – Hoff“
Wir waren auf Schweden-Hoff, spielten mit Schweden-Helmut und: Schweden-Renate, de hett mal Seutbeers Haier kreegen!“, und Schweden-Willi jun. und Schweden –Manfred wohne heute noch hier !
Ich weiß nicht wo die Bezeichnung herstammt, aber „Schweden“ war das Ortszentrum für uns. Gelegen im Geschäftsviertel von Ramelsloh, umlagert von vielen kleinen Landwirten. Vor der Tür war damals schon „Knolles Markt“, und Erika Knolle kam mit dem Motorrad von der Seeve. Die Post von Ernst und Magda Schwarzkopf, Beeckens Martha versorgte uns mit Bonschen auf dem Weg zum Badeteich, wie auch Paula Ostermann mit Süßigkeiten bis hin zum Sauerkraut auf dem Schulweg , dort lag noch Bäcker Kackmann.
–Nebenan war der Zimmerplatz von Rudolf Jobmann und Klempner-Otto, es gab stets frische Eier bei Heicks Minna und Schlachter Rieckmann war auch nebenan. Nicht zu vergessen auch Scharfenberg mit seinem großen Garten und leckerer Eismaschine.
Kurz gesagt die: „City von Ramelsloh“.
Den größten Platz nahm damals schon Schweden Willi ein. Von der heutigen Engen Straße, damals 110 aus, war das Haus vom Putzbütel-Pape, Gertrud und Karl Zimmermann mit all den Gören.
Der Eingang vom Putzbütel ist bis heute erhalten, dann schon war man auf Schwedens-Hof. Rechts war Landahls Garten und das Haus von Willi und den Deerns, wo Ilse in der Küche regierte und mich mit ihren Köstlichkeiten oft durch die Waschküche lockte, vorbei an einem leckeren Kirschbaum und der Sandkiste. Das Ilse gut kochte sah man, weil Willis Tellerrand beim Auslecken immer über der kurzen Gardine zu sehen war.
Gegenüber war der Hintereingang von Zimmermann und Pape. Vorbei am Plumpsklo, zwei Schweinebuchten und Kohle- und Holzvorräten, anschl. war dann die Waschküche für zwei Partien gelegen.
Hof und Garten von Schweden trennte eine Steinmauer, an der ein großartiger Apfelbaum stand mit leckeren Frühäpfeln, darunter waren meist Enten und Gänse, gefüttert mit Entenflott für die Weihnachtssaison. Geradeaus war Schwedens Scheune und die Garage von Wolfgang Engelardt, rechts. In der Scheune war kurzes Buschholz und auch Stroh gelagert, aber auch eine stattliche Werkstatt der Rieckmanns. Vorbei an der Scheune, gelangte man zur Linken an einen tiefergelegenen Speicher, dann auf eine große Wiese mit Obstbäumen und Gemüsegarten. Rechts war Scharfenbergs Garten bis zur Nordgrenze. Unser Schulweg „Eins“ schlängelte sich zwischen Scharfenbergs Garten und Landahl. Im hinteren linken Teil der Wiese noch ein großer Hühnerstall mit Schuppen, hinter der Hecke war unser Schulweg „Zwei“. — Schwedens Haupthaus war riesig und bestand aus: Wohnhaus, 2 Etagen, Textil – Geschäft, Schneiderei, Viehstall mit zum Teil 70 Schweinen und mind. 3 Kühen. Ein großer Heu- und Strohboden, das war unser Lieblingsspielplatz.
Durch die Größe des Gebäudes gab es viele Eingänge; zum Laden, Haus und Stall, vom Wagenschauer zu einer großen Treppe, von dort gelangten wir immer auf den Boden, von wo wir auf den großen Mistberg springen konnten, wenn Schweden Willi sen. uns scheuchte. Die riesige Waschküche mit zwei großen Kesseln war Mittelpunkt bei Schlachtfesten und Waschtagen. Hier wurde auch bis zur Erschöpfung Pflaumenmus und anfangs auch noch Sirup gekocht. Für das Vieh aber auch Schweinekartoffeln uvm.
Otto und Hertha Meier mit Tochter Helga wohnten genau wie Frau Engelhardt und Wolfgang im Obergeschoß an der Ostseite. Die sorgte als Lehrerin immer für Mittagsruhe auf dem Hof. — Die große Anzahl an Kindern sorgte immer für Trubel und Leben auf dem Hof. Viele Obstbäume sorgten in der Saison immer für Stress mit den Erwachsenen. Wir Kinder waren überall zu Gast, wo es Pfannkuchen oder Kartoffelpuffer und Schlachtfeste gab. Es wurde gespielt von morgens bis abends; Kippel Kappel, Räuber und Gendarm, Cowboy und Indianer, aber das schönste war Verstecken auf dem großen Gelände.
Gegen 18.30 Uhr wurde dann das Küchenfenster aufgerissen und Hilde Pape rief : Harry und Ingo reinkommen , Piesche machen und zu Bett !! –
Dann war endlich Ruhe auf dem Hof !
Viel vorprogrammierten Stress mit den Erwachsenen gab es immer !
War wieder einmal Waschtag wurden lange Leinen über den Hof gespannt. Zwischen den Bettlaken konnte man gut toben, die Stützstangen wurden umgeschmissen und die Laken hingen im Dreck. Willi Landahl musste oft mit der Peitsche hinter und her weil wir wieder einmal Steine auf das Blechdach geschmissen hatten.
In der Werkstatt war immer Leben, denn die Bastelleidenschaft von Helmut Rieckmann war nicht zu bändigen: Pfeil und Bogen, Speere, Armbrust, Stelzen, Zwillen und Drachen in allen Größen bis hin zu Skiern, die oft nach kurzem Gebrauch Tränen kosteten, weil die lange Arbeitszeit so schnell in viele Teile zerbrochen war.
Im Winter waren die großen Jungen die Herrscher auf dem Badeteich. Sie ließen uns nur dann aufs Eis wenn wir ihnen ein Hockeyfeld mit dem Schlitten geschoben hatten.
Im Alter von 10 Jahren verließen wir den „Spielplatz Schwedens – Hoff“ und zogen wieder zu „Knolles Markt“ in die Breiten Straße.
Ingo Pape