Kirchengem. Ramelsloh Kapitel 4: Das Ende des Stiftes
Von 1760 bis 1779 war der ehemalige Feldprediger Johann Ulrich Schwenzel Pastor in Ramelsloh. Damals diente der Gottesdienst neben der Glaubens-vermittlung als wichtigste Informations-quelle. Nach der Predigt verlas der Pastor pflichtgemäß herzogliche Bekannt-machungen. Sie betrafen Gesundheits-tipps, Gewichte und Maße, Steuererhöhungen, Brandschutz, tollwütige Hunde oder warnten vor Betrug. Diebischen Dienstboten, Geldfälschern oder aufsässigen Kindern drohten drastische Strafen. Letztere mussten häufig in Celle mit Steinen beladene Karren für den Festungsbau schieben.
Viele Pastoren verweigerten später solche Abkündigungen.
Nach Pastor Schwenzels Tod 1779 befand sich das Pfarrhaus in unbewohnbarem Zustand. Da kein Geld da war, blieb Ramelsloh fast zwanzig Jahre ohne eigenen Pastor und wurde von Pattensen mitversorgt.
Erst 1798 zog Georg Friedrich Frank als neuer Pastor ins Pfarrhaus ein. Napoleon unterstellte 1803 das Königreich Hannover seiner Militärverwaltung und führte rigorose Neuerungen ein. Pastor Frank schloss nun auch standesamtliche Ehen und musste dem Brautpaar ein Kapitel aus dem napoleonischen Gesetzbuch vorlesen.
Die Schlacht von Waterloo brachte 1815 Napoleons endgültige Niederlage. Rücksichtslose Soldatenaushebungen und höchste steuerliche Belastungen waren vorbei. Aber auch alle vom französischen Liberalismus beeinflussten verwaltungsrechtlichen Neuerungen wurden rückgängig gemacht. Für die Verwaltung war das nicht unbedingt ein Fortschritt. Jahrzehntelang wurde auch in Ramelsloh alljährlich am Tag der siegreichen Schlacht ein Dankgottesdienst gefeiert.
Im Jahr 1818 schloss das Stift einen Vergleich mit den zinspflichtigen Bauern. Seit 1806 befanden sich beide Parteien im Rechtsstreit wegen der freien Mahlzeit, die jeder Kornablieferer für seine Familie vom Kapitel Ramelsloh beanspruchte. Immer mehr Esser nahmen daran teil und tranken Unmengen Bier. Es kam zu Tätlichkeiten und Kosten, die in keinem Verhältnis zu den Einnahmen standen. Als das Stift sich weigerte diese Mahlzeiten aufrechtzuerhalten, sahen sich die empörten Bauern um Freibier und Dorffest gebracht, mussten aber schließlich nachgeben. Ein „auf ewige Zeiten“ geschlossener Vertrag beendete den vom Stift finanzierten liebgewonnenen Dorfschmaus für immer.
1830 starb nach zweiunddreißig Dienstjahren in der Gemeinde Pastor Georg Friedrich Frank, im Alter von 69 Jahren.
Nachfolger wurde der 26jährige Albrecht Wilhelm Christoph Meyer, der als letzter Pastor zugleich Stiftsprediger war. Er heiratete zweimal eine Tochter seines Vorgängers, die beide nach kurzer Ehe starben. Seine dritte Frau überlebte ihn.
Etwa 130 Leute brachte der „thätige, fähige und zuverlässige“ junge Pastor sonntags im Gottesdienst zusammen.
Am 9. Januar 1850 wurde in Ramelsloh der erste Kirchenvorstand gewählt. Nur Männer durften wählen und gewählt werden.
1856 trug Pastor Meyer den Tod seines 22jährigen ältesten Sohnes Albert ins Kirchenbuch ein, der als Leutnant in der Garnison Osnabrück erschossen worden war.
Das Stift wurde 1863 aufgelöst. Alles Vermögen ging auf die Klosterkammer Hannover über, die damit die Pflichten der Gebäudeerhaltung übernahm.
1865 wendete Pastor Meyer sich erstmals an das Königliche Klosteramt wegen drohender Gefahren in der desolaten Kirche. Die folgenden Sorgen und Aufregungen bewogen manchen Kirchenvorsteher das Amt niederzulegen.
Pastor Meyer starb am 8.11.1877 im Alter von 73 Jahren. Sein Grab befindet sich südwestlich vom Hauptportal der Kirche.
Kapitel 1 – 7 stammen aus der Feder von Sabine Rambow