„Es geschah im Frühjahr 1945“
das ist der Titel einer Dokumentation über das Ende des zweiten Weltkrieges in Seevetal, zusammengestellt von Werner Steinbauer. In dieser Sammlung von verschiedenen Zeitzeugen aus Seevetal, werden die letzten Stunden des Krieges beschrieben. Im Vorwort beschreibt Steinbauer die damalige Situation südlich von Hamburg wie folgt:
Der Verteidigungsring um Hamburg lief zu einem großen Teil durch das heutige Seevetal. Vom Meckelfelder Seevekanal über Fleestedt bis zur Cuxhavener Straße war ein großer Panzergraben. In der Zeit vom 20.04. – 03.05. fanden Abwehrkämpfe statt bei denen alleine in Hoopte und am Kiekeberg 62 deutsche Soldaten ihr Leben lassen mussten.
…. aus Holtorfsloh:
Auch die kleinen Ortschaften Ramelsloh, Ohlendorf und Holtorfsloh errichteten Panzersperren gegen den „Feind“. Hermann Maack aus Holtorfsloh berichtete, das er als 10jähriger Junge mit den älteren nach Tangendorf zu Veranstaltungen des Jungvolks radelte. Hier wurde Marschieren und Antreten in Reih und Glied geübt. Vor seiner Haustür in der Kastanienallee wurde eine Panzersperre errichtet, die Hauptarbeit leisteten die französischen und belgischen. Kriegsgefangenen die bei den Bauern arbeiteten. Wegen der unsicheren Lage und der vielen Tieffliegerangriffe schloss man die Schule am 11. April für ungewisse Zeit. In der Gastwirtschaft Behr (Romaris) war der Saal verriegelt und ca. 20 versprengte Soldaten wohnten in der Scheune. Hinter den Verschlägen lagerten große Ballen Tarnstoffe, Gummi- und Nesselstoffe der Wehrmacht. Die Ankündigung das SS-Männer das Lager sprengen sollten wurde verhindert von den versprengten Soldaten. Mit Pferd und Wagen wurden jetzt schnell die Ballen verladen und jeweils vor die Häuser gebracht. Auch die Kinder rollten Ballen durch die Straßen und halfen so bei der Verteilung der kostbaren Ware. Noch lange nach dem Krieg trugen Kinder und Erwachsene Hosen ,Hemden und Blusen aus Tarnstoff, erinnert sich H. Maack.
Die Ausgebombten und Flüchtlinge nutzen die Stoffe für Bettzeug o. Ä. weil es ja nichts gab. Nur einen Tag, am 21. 04., verweilten die Engländer im Ort und zogen dann am Abend in Richtung Stelle ab. Erst am 28. 04. erfolgte die Besetzung der Häuser. Allein im Hause H. Maack waren etwa 20 Soldaten einquartiert. Nur rund 50 qm blieben der 10köpfigen Familie, eine für heute unvorstellbare Enge. Der Überfluss bei den „Tomis“ war gewaltig, und die Kinder freuten sich über viel Schokolade. Die Versorgung der Bevölkerung mit Milchprodukten war gut, da nichts nach Brackel in die Molkerei gebracht werden durfte. Bis zum 1.05. dauerte die Besetzung und nach 14Tagen war endlich wieder Strom da. Hermann Maack beendet seinen Beitrag mit dem Satz: Nachdem sich Hamburg am 3. Mai kampflos ergeben hatte,*) war für uns praktisch der Krieg zu Ende, und wir konnten seit mehr als 5 Jahren nachts wieder ruhig schlafen, ohne befürchten zu müssen, durch Sirenengeheul geweckt zu werden.
… aus Ohlendorf:
Aus Ohlendorf berichtete Karl-Werner Vick von seiner Flucht aus Rübke, wo er noch am 10.04. zum Volkssturm eingezogen war. Immer mit der Angst im Nacken von SS-Truppen gestellt zu werden, verlief die Flucht dennoch gut. Eingesetzt wurden sie gottlob nicht, und das Durcheinander im Barackenlager aber auch die dünne Weißkohlsuppe sind heute noch in seiner Erinnerung. Noch kurze Zeit verbrachte K-W zur Sicherheit auf dem Heuboden der Eltern, bei guter Versorgung, bis dann die Engländer am 20. 04 eintrafen. In beiden Ortschaften gab es keine besonderen Zwischenfälle mit den Besatzern. Die Engländer zogen weiter zur Elbe, die Grenze war. Hier wurde richtig gekämpft und die Bevölkerung versteckte sich oft in den Kellern. Immer wieder waren es die Tiefflieger die für Unruhe und Angst sorgten.
Aber das Ende war abzusehen.
Im Wochenblatt vom 8. Mai 2010 stand: „Die kampflose Übergabe Hamburgs an die Siegermächte, wurde in Steinbeck im Gasthaus „Hoheluft“ vereinbart. Durch drei Hamburger Parlamentäre die mit weißer Fahne durch englisches Territorium gezogen waren.“
Ingo Pape