Kirchengem. Ramelsloh Kapitel 5: Die neue Kirche
In einer Zeit großer politischer Veränderungen trat 1878 Pastor Rudolf Woltmann seinen Dienst in Ramelsloh an. Verhandlungen und Neubau der verwahrlosten Kirche bestimmten seine Amtszeit. Der Ärger und die Sorgen endeten am 1. Advent 1889 mit der Einweihung einer neuen Kirche und weithin sichtbarem Turm. Die „Pastor-Woltmann-Straße“ im Domherrengarten erinnert an seine zielstrebigen und verdienten Bemühungen um den Kirchenneubau.
Pastor Woltmann erwarb sich auch die Liebe der Gemeinde durch treue und fleißige Amtsführung. Er erhöhte die Zahl der Gottesdienstbesucher deutlich. Im Gottesdienst lernten sie einfache Formen der Liturgie, auf die der Vorgänger keinen Wert gelegt hatte und die auch der Organist nicht kannte. Zu den Nachmittagsgottesdiensten kamen nochmal 50 Leute und viele Kinder. Über Woltmanns Predigten schrieb der Superintendent: „Eine Predigt wie diese wird von unserem Landvolk verstanden und geht nicht über die Köpfe hinweg…“ Woltmann lernte seine Predigt immer auswendig.
Damals breitete sich die pietistische bewegung aus. Ihr schlossen sich auch einzelne Ramelsloher an.
1878 und 1881 traten erstmals vier Ramelsloher aus der Kirche aus.
Der Kirchenvorstand setzte sich 1890 auch kritisch mit dem Problem der neu entstandenen Sozialdemokratie auseinander und stellte fest: „…gleichwohl kann nicht verschwiegen werden, dass der Nährboden für die Bewegung vorhanden ist.“
Woltmann ging Ostern 1895 in den Ruhestand. Er starb zwei Jahre später in München.
1895 wurde Heinrich Freund neuer Pastor. Die Kirche erhielt 1903 schmiedeeiserne Kronleuchter und 1907 endlich Kirchenöfen. Die aus der alten Kirche übernommene Orgel wurde 1912 ersetzt.
In der Gemeinde mehrten sich die Klagen über die zuchtlose Jugend, die sich von den Eltern nichts mehr sagen ließ: „Als ein Unfug allerschlimmster Art muß die althergebrachte Sitte der Fastnachtsfeier der Knechte und Mägde und jungen Haussöhne bezeichnet werden, die vier Tage lang dauert und die Feiernden ebensolange von der Arbeit fern hält und manchen gar nicht aus der Trunkenheit herauskommen läßt.“ Alle Versuche kirchlicher Jugendarbeit blieben erfolglos. 1909 führte Pastor Freund erstmals einen sehr erfolgreichen Heiligabendgottesdienst ein.
Als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, stieg der Gottesdienstbesuch kurzzeitig stark an. 1917 musste die Gemeinde die zwei kleinen Glocken als Kriegsmetall abliefern. Die große Glocke war auf Grund ihres Denkmalwertes befreit.
Über die Spuren, die der Krieg hinterließ heißt es: „Die Krieger sind fast ohne Ausnahme als ernste Männer zurückgekehrt, auch solche, die früher wohl das Leben leicht zu nehmen geneigt waren, alle sind ernst und still wieder an die Arbeit gegangen…“
Die bald einsetzende Inflation brachte der Gemeinde größte Finanzprobleme trotz einer Rekordkollekte von 2.919.626 Millionen Mark und Kirchensteuersteigerung um 500.000 Prozent.
Am Erntedanktag 1925 wurden zwei neue Glocken geweiht mit der Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe– Und Friede auf Erden“.
Pastor Freund trat 1929 nach 34-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Da Ramelsloh keinen Pastor mehr bekam, blieb er bis zu seinem Tod im Januar 1939 im Pfarrhaus wohnen. Zwei Monate später brannte es ab.
Die Pfarramtstätigkeit übernahm der Steller Pastor.
1942 wurden die historischen Glasfenster der Kirche ausgebaut und durch Fensterglas ersetzt. Die beide kleinen Glocken mussten wieder als Kriegsmetall abgeliefert werden.
Kapitel 1 – 7 stammen aus der Feder von Sabine Rambow