Menschen in unserer Gemeinde: Clemens Cohrs
Clemens Cohrs aus Ramelsloh ist seit 1999 in der Freiwilligen Feuerwehr Ramelsloh und seit 2018 Ortsbrandmeister. Von Beruf ist der 34jährige Entwicklungsingenieur, seine Hobbys sind Sport, Technik und Landwirtschaft.
Turmhahn: Vor 100 Jahren, am 11. November 1920 wurde die Freiwillige Feuerwehr Ramelsloh gegründet. Gab es damals ein besonderes Ereignis, das zur Gründung führte? Am 31.10.1920 gab es einen Großbrand auf dem Kamp. Diesem fielen drei Anwesen zum Opfer. Viele Einwohner von Ramelsloh wollten mit anpacken und zukünftige Brände effektiver bekämpfen. Aus diesem Wunsch wurde die freiwillige Feuerwehr Ramelsloh gegründet.
Turmhahn: Was hat sich in den hundert Jahren am Gravierendsten verändert? Brannte es früher häufiger als heute? Dazu habe ich keine Statistiken. Wenn es früher gebrannt hat, war meist das ganze Gebäude verloren. Durch moderne Brandvorschriften breiten sich Feuer heute nicht mehr so stark aus und durch flächendeckende Rauchmelder können Feuer schon bei der Entstehung entdeckt und gelöscht werden. Neben den Bränden, wird die Feuerwehr heutzutage aber auch immer häufiger zu technischen Hilfeleistungseinsätzen alarmiert. Dazu gehören Verkehrsunfälle, vollgelaufene Keller oder umgestürzte Bäume.
Turmhahn: Wenn der Alarm ertönt, heißt es alles liegenlassen und los, vom Arbeitsplatz, von der Freizeitaktivität oder nachts aus dem warmen Bett. Eine ehrenamtliche Tätigkeit, die viel Einsatz erfordert. Ist es für die Freiwilligen Feuerwehren schwierig Mitglieder zu finden und wie viele sind in Ramelsloh aktiv? Zurzeit gibt es 46 Mitglieder der Einsatzabteilung in Ramelsloh. Wir können die Arbeit zum Glück auf viele Schultern verteilen und alle sind motiviert dabei. Wir haben eine Jugendfeuerwehr, in der Jugendliche ab 10 Jahren mit Spaß an das Thema herangeführt werden. Mit 16 Jahren können diese dann in die Einsatzabteilung wechseln. Aber auch Quereinsteiger sind bei uns herzlich willkommen. Jeder kann helfen.
Turmhahn: Retten –Löschen –Bergen –Schützen, euer Einsatzbereich ist breit gefächert. Wie viele Einsätze hat die Feuerwehr im Jahr und welcher Art sind diese? Die Zahl schwankt zwischen 10 und 40 Einsätzen. Die große Streuung der Einsätze ist von Wetterphänomenen wie Starkregen oder Stürmen abhängig. In diesem Jahr sind wir bereits 15 Mal zur Hilfe gerufen worden, davon acht Hilfeleistung und sieben Brände.
Turmhahn: Um in der Feuerwehr aktiv zu sein, benötigt man Aus- und Weiterbildung? Was muss man bei der Feuerwehr können? Das spannende an der Feuerwehr ist, dass man sich jedes Mal auf eine neue unbekannte Situation einstellen muss. Daher würde ich sagen, dass man in der Feuerwehr vor allem vielseitig sein muss, um schnell auf neue Situationen reagieren zu können. Jeder Kamerad muss bevor er mit zum Einsatz darf eine Grundausbildung absolvieren, bei der die Grundtätigkeiten im Feuerwehrdienst erlernt werden. Wer besondere Aufgaben, wie die Bedienung der Pumpe oder die Einsatzleitung übernehmen will, der muss natürlich weitere Lehrgänge besuchen
Turmhahn: In 100 Jahren hat sich vieles verändert, auch die Ausstattung der Wehren. Wie sieht es in Ramelsloh aus, seid ihr für Herausforderungen gewappnet? Mit dem technischen Fortschritt wandeln sich auch immer die Anforderungen an die Feuerwehr und damit auch an ihre Mitglieder. Unsere Kameraden bilden sich stetig. Dazu ist auch immer mehr Ausrüstung notwendig. Daher werden Fahrzeuge und Feuerwehrhäuser immer größer. Seit neuestem hat die FF Seevetal auch eine Drohne mit Wärmebildkamera. Diese wird durch unsere Feuer-wehr betreut.
Turmhahn: Warum ist die Freiwillige Feuerwehr so wichtig und wie würdest Du für eine Mitgliedschaft in Ramelsloh werben? Es gibt keine Berufsfeuerwehr im Landkreis Harburg. Durch flächendeckende Freiwillige Feuerwehren kann jedoch jedem der Hilfe benötigt, auch schnell geholfen werden. Die Freiwilligen Feuerwehren sind ein wichtiger Bestandteil im Dorfleben und bieten jedem, der gerne Menschen hilft, die Möglichkeit dazu. Jeder ist willkommen und jeder kann etwas gut. Bei uns arbeitet der Schüler mit dem Bauingenieur Hand in Hand, alle sind gleich viel wert. Das Erlebte schweißt zusammen und es entstehen unter den Kameraden enge Freundschaften. Ich weiß selbst, dass alle wenig Zeit haben, aber die Lieblingsserie auf Netflix kann man auch nach dem Einsatz weitergucken, dann aber mit dem unbeschreiblichen Gefühl, etwas nicht nur für sich selbst getan zu haben
Turmhahn: Viele Einsätze sind körperlich und psychisch belastend. Wie schwer sind Kleidung und Ausrüstung und wie erfolgt die Aufarbeitung von Einsätzen mit verletzten Personen? Die Gemeinde Seevetal stattet alle Kameraden mit modernster Einsatzbekleidung aus. Diese schützt den Feuerwehrmann vor Wind und Wetter und ist feuerbeständig. Die Kameraden, die in ein brennendes Haus zum Löschen vorgehen, tragen zusätzlich noch ein Atemschutzgerät. Allein dieses wiegt 20kg. Dazu kommen dann Schläuche, Werkzeug, Funkgerät und wenn eine Person gerettet werden muss, so muss unter Umständen auch noch diese getragen werden. Daher sind diese Personen besonders fit und ausgebildet. Natürlich gibt es auch psychisch belastende Einsätze wie Verkehrsunfälle mit eingeklemmten Personen. Besonders schlimm ist es, wenn man die Betroffenen kennt. Nach solchen Einsätzen geht keiner einfach so wieder nach Hause. Wir setzen uns zusammen und reden über das Erlebte. Unser Kamerad Georg Wieberneit ist dazu noch Seelsorger in der Feuerwehr Seevetal. Er steht den Kameraden zur Seite und führt bei Bedarf Gespräche.
Turmhahn: In den Medien wird von mangelnder Wertschätzung, über Behinderung von Einsätzen bis hin zu Übergriffen auf Feuerwehrleute berichtet. Ist Euch auch schon ähnliches widerfahren? Gibt es Schulungen, wie solchen Situationen begegnet werden kann? Zumindest in Ramelsloh ist die Welt noch in Ordnung. Unsere Kameraden sind natürlich darauf geschult, dass sich Personen in Notsituationen nicht immer rational und besonnen verhalten. Der Schutz der eigenen Kameraden geht immer vor. Sollten wir auf Personen treffen, die uns nicht wohlgesonnen sind, werden wir die Polizei dazu holen. Dieses kam, wie gesagt, in Ramelsloh noch nicht vor.
Turmhahn: Erhaltet ihr nach Einsätzen Rückmeldungen oder ein Dankeschön? Wir freuen uns immer zu hören, wenn es den Betroffenen besser geht oder sie aus ihrer Sicht von ihren Schicksalen berichten. Das hilft uns bei der Verarbeitung der Ereignisse.
Interview: Sabine Eddelbüttel