Faslam in Ramelsloh

Faslam in Ramelsloh

In Ramelsloh ist man froh, dass sich auch in der heute so schnelllebigen Zeit, die auf stetigen Wandel ausgerichtet ist, immer wieder junge Leute bereit erklären, alte Brauchtümer zu erhalten. Hierzu zählt auch der Ramelsloher Faslam. Termin dieser Veranstaltung ist ohne Unterbrechung seit den 1950ziger Jahren Anfang Januar.

Faslam war ursprünglich das Fest der Knechte und Mägde, die mit diesem Brauchtum wahrscheinlich den Winter austreiben wollten. So ist es in einigen Ortschaften auch heute noch üblich, dass am Ende der Faslamsfeier eine Strohpuppe (den Faslamskeerl), die den Winter symbolisiert, verbrannt wird. Ein Brauch übrigens, der nicht nur auf Norddeutschland beschränkt ist, sondern auch im südlichen Deutschland vielfach begangen wird. Dort wird die Strohpuppe Winter auf ein Wagenrad geflochten und den Hang hinunter gerollt, wie das bekannte Volkslied „Hei so treiben wir den Winter aus“ erzählt.

Die eigentliche Bedeutung der Silbe Fas des Wortes Faslam ist selbst bei Sprachwissenschaftlern umstritten. Daher wissen wir auch nicht, ob Faslam der Beginn einer germanisch-heidnischen Fastenzeit ist, oder einfach ein fröhliches Possenfest der Knechte und Mägde war. Im letzteren Fall würde sich die Silbe Fas von faseln ableiten, was soviel wie Possentreiben bedeutet.

Und Possen trieben die (männlichen und weiblichen) Faslambrüder weiß Gott schon immer genug, das jedenfalls geht aus einer alten Chronik hervor, die die Faslambrüder vor etwa vierzig Jahren beim Farmer ( „Dorfkrug“ in Ramelsloh) entdecken. Für 1903 ist nämlich verzeichnet:

„Als ein Unfug allerschlimmster Art muss die althergebrachte Sitte der Fastnachtfeier der Knechte, Mägde und jungen Haussöhne bezeichnet werden, die vier Tage lang dauert und die Feiernden ebenso lange von der Arbeit fern hält und manchen gar nicht aus der Trunkenheit herauskommen lässt.

Bild unten: Schnorren Mitte 30er Jahre

Seit wann aber Faslam in Ramelsloh gefeiert wird, das lässt die erwähnte Chronik offen. Schnorren: Aber heute wie damals zogen Faslamsbrüder verkleidet durch das Dorf zogen und baten ursprüngliuch bei den Bauern um Eier und Würste für ihre Feier. Heute wird an den Türen aller Einwohner des Ortes geklingelt und wie früher das Faslamslied abgesungen.

„Alle Faslamsbrüder leben so wie ich und du, legen sich besoffen nieder, stehen auf und saufen wieder, saufen wieder brannten Wein, schlagen den Bauern die Fenster ein. Oh, oh, oh, bei uns in Ramelsloh.“

Spätestens zu diesem Zeitpunkt mussten und müssen die Hausbesitzer geschaltet haben: Die buntgekleideten und bemalten Gestalten schnorren und erwarten eine kleine Spende: Früher in der Regel Eier, Würste oder geistige Getränke; heute auch gerne einen Geldschein. Doch wehe, wenn einer nichts gibt oder gar die Tür nicht öffnet:

„Rull, rull, rull, dat öle Wief is dull, witten Twirn und swatten Twirn, dat olle Wief dat gifd nich geern, rull, rull, rull, dat olle Wief is dull“

tönt es dann lautstark durch den Ort, so dass jeder Nachtbar es auch mitbekommt.

Gedacht sind diese Spenden für ein ausgelassenes, fröhliches Festmahl der Faslamsbrüder. Seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts werden außerdem verschiedene Tanzvergnügen, u.a. ein Lumpenball, zu dem alle Faslamsbrüder verkleidet erscheinen müssen, und ein Kindertanz durchgeführt. Auch ein Preisskat durfte nicht fehlen, der ursprünglich am Sonntag veranstaltet wurde.

Bis Ende der siebziger Jahre wurde die gesamte Veranstaltungsfolge allein von zwei Vertrauensleuten der Faslambrüder, die jedes Jahr im November beim sogenannten Faslamanbinden neu gewählt wurden, vorbereitet und durchgeführt: Faslamsmudder und -vadder. Infolge der stetig wachsenden Aufgaben bei den Feierlichkeiten bürgerte es sich in Ramelsloh zunächst ein, dass die Faslamsmudder des Vorjahres automatisch Faslamsvadder wurde, während die Faslamsmudder neu gewählt wurde. Ende der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts rief man dann einen Faslamsvorstand ins Leben, der auf mehrere Jahre gewählt wurde und die jeweiligen Faslamseltern bei ihren vielfältigen Aufgaben unterstützen sollte; eine Regelung die noch heute gilt. Allerdings war dieses Modell so erfolgreich, dass man 1993 wieder zu der ursprünglichen Regelung überging, die Faslamseltern jedes Jahr neu zu wählen.

Auch ansonsten sind die Ramelsloher bereit, jederzeit sinnvolle Änderungen vorzunehmen, wenn es dem Erhalt des Brauchtums Faslam dient. So wurde mit Heidi Kummerow 1982 erstmals eine Frau zur Faslamsmudder gewählt. Mitte der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde dann der sonntägliche Kindertanz entstaubt und nunmehr in Form einer Disco veranstaltet. Als Discjockey wurde der damals in ganz Norddeutschland bekannte Peter Meyer mit seiner „rollenden Diskothek“ verpflichtet. Als Assistenten brachte er alsbald Stephan Nanz mit, der in den 1990ziger Jahren die musikalische Gestaltung des Kindertanzes übernahm und noch heute den samstäglichen Lumpenball moderiert.

Zusammengestellt von Bernd Renner, Bilder: Archiv Pape
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