Frischmilch aus Ohlendorf

Frischmilch für die Großstadt

Der folgende Bericht befasst sich mit dem Milchhandel in Ohlendorf vor 1936. Hier die Aufzeichnung von Karl-Werner Vick.

Kleine Landwirte waren in den 30ger Jahren darauf angewiesen Zusatzeinkommen außerhalb der Landwirtschaft zu erzielen. Viele Ohlendorfer arbeiteten in der Staatsforst im Buchwedel, andere betrieben ein Handwerk oder einen Handel. Meine Großeltern und Eltern kauften von den Bauern die Milch und verkauften sie an Milchhändler in Hamburg.

Das lief wie folgt ab:

Die Bauern brachten abends und morgens nach dem Melken die Milch zu uns. Dort goss man sie über einen mit kaltem Wasser gefüllten Milchkühler, wobei auch gleich die Menge gemessen wurde. Diese Menge schrieben die Bauern selbst in ein dickes Buch, in dem die Namen vorgeschrieben waren. Von dem Kühler wurde die Milch in 20 Ltr. Kannen abgefüllt. Die Abendmilch musste im Sommer gekühlt werden. Einen Teil der Abendmilch, die etwas fetter ist als die Morgenmilch, goss man in flache Schüsseln, Milchsatten genannt, damit sich bis zum nächsten Morgen der Rahm oben absetzte. Der wurde am frühen Morgen in 5Ltr. Kannen gefüllt und separat verkauft. Der Rest ging als Magermilch mit. Am Morgen wurde dann die Abendmilch als erste auf den Milchwagen geladen. Die Morgenmilch kam direkt dazu, dann ging es mit 2 Pferden nach Stelle zum Bahnhof (8 Km).

Die Kannen wurden in einen Waggon gestellt und der Zug fuhr dann zum Bahnhof „Hamburg Sternschanze“. Hier holten sich die Hamburger Milchhändler die Kannen mit der „Schottschen Karre“ ab in ihr Geschäft.

—Man stelle sich einmal vor, wie früh alle Beteiligten morgens aufstehen mussten. Mit den Pferden nach Stelle dauerte es mind. 75 Min., der Zug brauchte etwa eine knappe Stunde, und bei Ladenöffnung musste die Milch hinterm Tresen sein. Aber zu allererst musste ja schließlich noch gemolken werden.—

 

Meine Vorfahren hatten 5 Milchhändler, die alle verschiedenfarbige Kannen hatten. Feste Mengen waren vorgegeben, da die Anlieferung aber jeden Tag unterschiedlich war, bekam die Eimsbütteler Meierei die jeweilige Restmenge die sie sich selbst aus dem Waggon holten.

Dieser Ablauf vollzog sich natürlich 7 Tage in der Woche.

Karl-Werner Vick

 

 

 

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